Wie jedes Jahr gab es auch 2020 wieder eine Veranstaltung im Linden-Museum. Typischerweise zu einem Thema, das man im ersten Moment nicht unbedingt mit einemVölkerkundemuseum in Verbindung bringen würde – Comics und Bier!
Zu Gast war die Pop- und Trinkkultur-Talkrunde mit Steffen Volkmer, Björn Springorum,
Denise Wilson und aus dem Team des Lindenmuseums Mike Schattenschneider. Wie für dieses Format üblich, ging es auch am 21. Oktober um vier verschiedene Comics und vier verschiedene Biersorten. Dieses Mal aber mit einem kleinen Twist – denn im Fokus standen an diesem Abend Graphic Novels und Bier aus aller Welt, passend zum Völkerkundemuseum!
Heute war auch ein besonderer musikalischer Gast mit dabei. Sobald Steffen mit der offiziellen „Bierklingel“ eine neue Verkostungsrunde einleitete, durften die Zuschauer Klängen aus dem Balkan lauschen. Der Musiker Mahzumi hatte vier verschiedene Baglamas ausgewählt, mit welchen er von traurigen Liebesliedern, über flotte Volksmusik bis hin zu eigenen, rockigen Kreationen das Publikum in jeder Runde aufs Neue überraschen konnte.
Runde 1
Zuerst wurde das Bier verteilt und die Talkgäste durften ihre Meinungen abgeben, bevor der Biermeister dann aufgelöste, um welches Bier es sich handelte. Den Anfang machte ein Getränk, das dank seiner klaren Farbe und dem „eher schnapsigen Geschmack“ erst einmal gar nicht an ein Bier erinnerte.
Doch trotz des gefährlichen Halbwissens, vor dem die Zuschauer gewarnt wurden, lag die Talkrunde richtig: Es handelte sich um Sake. Ein japanisches ReisBIER, denn die Bezeichnung
Reiswein ist an dieser Stelle nicht korrekt, wie der Bierexperte Martin aufklärte.
Auch der erste Comic TOMOE von Jack Manini und Tieko spielt in Japan. Es geht um Piraten, Schlachten und alte, japanische Mythen im Japan der 1460er. Neben der Faszination für die japanischen Mythen, überzeugte die Runde der sehr klassische, realistische japanische Zeichenstil.
Runde 2
Begleitet von einem türkischen Volkslied folgte ein bernsteinfarbenes Bier, das die Talk-Runde als sehr malzig, aber gleichzeitig wässrig und als „vollmundig geschmacklos“ beschrieb. Gemeint war Goldstar, ein Lagerbier aus Israel.
Für den nächsten Comic ging die Reise weiter nach Frankreich, und zwar mithilfe der Katze des Rabbiners von Johann Sfar. Dieser Comic hatte es der Runde sichtlich angetan. Die vorlaute Katze des Rabbiners, beherrscht nach dem Verzehr eines Papageis plötzlich das Sprechen und diskutiert mit dem Rabbiner über das Judentum, Religion und Ethik. Besonders gelobt wurden die facettenreichen Figuren, die bei diesem Comic im Vordergrund stehen.
Runde 3
Mahzumi leitete die Besucher mit einem armenischen Liebeslied und einer eigenen Kreation in die dritte Runde, während auf der Bühne ein Bier verkostet wurde, das eher nach einem fruchtigen Milchshake aussah. Aber anders als gedacht, war darin null Prozent Frucht enthalten, denn das ist nach dem deutschen Reinheitsgesetz gar nicht erlaubt. Es handelte sich um ein New England IPA aus einer deutschen Brauerei in Bamberg.
Mit dem Comic Jerusalem von Boaz Yakin und Nick Bertozzi wurde die Reise um den Globus fortgesetzt. Der Comic behandelt die Geschichte der jüdischen Familie Alabi, die um 1945 in Jerusalem lebt. Anhand der Familie zeigt der Comiczeichner und Regisseur, wie politische Entwicklungen sich auswirken und wie dicht verwoben diese beiden Themen miteinander sind.
Trotz der Länge und des schwierigen Themas kam der Comic gut an. Mike hob die cineastische Qualität des Zeichenstils hervor, der dafür sorgt, dass sich der Band schon fast wie ein Film liest. Trotzdem handelt es sich auf jeden Fall um eine historische und schwierige, aber durchaus lohnenswerte Lektüre.
Runde 4
Der vierte und letzte Comic Infidel von Pornsak Pichetshote und Aron Campell ging dann noch mal in eine ganz andere Richtung. Der Horrorcomic, der in einem fotorealistischen Stil gehalten ist und in einem Haunted House in Amerika spielt, bricht mit den Stereotypen. Viele der Hauptrollen werden durch ethnische Minderheiten besetzt. Die Idee gefiel der Talkrunde im Grundsatz, doch die Umsetzung ließ zu Wünschen übrig.
Zum Schluss wurde das Rätsel des letzten Bieres des Abends aufgelöst: ein Imperial Russian Stoute mit einer schokoladigen Note. Diese spezielle Mischung ist vielleicht nicht jedermanns
Sache und eher zu besonderen Anlässen geeignet, als für einen Abend in der Kneipe. Doch die Nerds und der Bierexperte sind sich einig: Comics und Bier passen auf jeden Fall wunderbar zusammen und eine Flasche Bier kann auch mal den ein oder anderen Comic versüßen.
Geschrieben von Kim H.