Politische Diskussionen und das Erträumen von neuen Welten auf den Dragon Days 2016

Mehr als hübsche Zierde: Frauen in Fantasy

Die Dragon Days 2016 fingen auf ungewöhnlich politische Art und Weise an: Das Panel ‚Frauen in Fantasy‘ griff feministische und genderspezifische Themen in Literatur, Gesellschaft und Verlagswelt auf. Aber muss man darüber wirklich reden?, seufzten so einige Stimmen im Vorfeld… In einem Land, in dem das ‚Nein‘ einer Frau zum Geschlechtsverkehr erst im Jahre 2016 auch legal als ‚Nein‘ zählt, sind die Dragon Days entschieden der Meinung, dass solche Debatten nötig ist.

Am 27. Oktober fanden sich also Verena Klinke, Diana Menschig und Andrea Bottlinger im Max-Bense-Forum der Stadtbibliothek Stuttgart ein, um unter der Moderation von Ines Witka über die Repräsentation von Frauen im Fantasygenre zu reden. Dabei stellten sie sich erst selbst vor, und gaben eine kurze Kostprobe aus ihren Werken. So begann Verena Klinke mit einem Auszug aus ihrem Comic „Steam Noir“, woraufhin Diana Menschig folgte mit „So finster, so kalt“, und schließlich Andrea Bottlinger mit ihrem neuen Roman „Der Fluch des Wüstenfeuers“. Ines Witka befragte erst alle einzeln zu ihren Erfahrungen als Autorinnen in so männerdominanten Genres wie Fantasy oder Medienformen wie dem deutschen Comic. Obwohl sich die drei Autorinnen einig waren, dass sie nicht ständig auf ihre ‚Rolle als Frau‘ angesprochen werden wollten und lieber Kunst machen wollten als Politik, erzählten sie doch schockierende Geschichten über den diskriminierenden Buchmarkt. So durfte sich Menschig schon anhören, dass Jungs keine Literatur von Frauen lesen, und Andrea Bottlinger selbst bestand darauf, dass ihr Vorname nur in Initialen abgedruckt werden sollte, da Männer im Fantasygenre besser verkaufen.

Highlight der Diskussion war sicherlich die Beteiligung des Publikums. Ines Witka polarisierte als nicht-neutrale Moderatorin und stichelte somit das Publikum an, mitzumachen und mitzudenken. Männliche Autoren meldeten sich und gaben zu, dass sie überfordert waren mit weiblichen Hauptfiguren; Die Frage ‚sollen Frauen gezielt Frauengeschichten erzählen, oder eben nicht?‘ wurde diskutiert, und die Möglichkeit nach genderneutraler Repräsentation wurde gestellt. Der Wunsch nach der gleichen Diskussion mit zugezogenen männlichen Autoren wurde laut – und auf dem Merkzettel des Dragon Days Teams vermerkt. Denn es besteht noch viel zu viel Redebedarf, und jeder soll zu Wort kommen dürfen.

 

Vom Erschaffen von Welten: Kai Meyer und die Fantasy

Nach dieser Kick-Off! Veranstaltung begrüßte die Vertretung der Stadtbibliothek gemeinsam mit Festival-Kurator Tobias Wengert das Publikum zu den diesjährigen Dragon Days. Kai Meyer betrat mit Moderator Björn Springorum die Bühne. Nach einem kurzen, einführenden Gespräch las Kai Meyer persönlich aus seinem Buch „Die Seiten der Welt” und gab dadurch den Zuhörern einen Einblick in die magische Welt der Bibliomantie. Die besondere Betonung sollte auch auf dem Wort „Welt” bleiben, schließlich war dies das große Gesprächsthema zwischen Björn Springorum und dem Autor.

Wie konzipiert Meyer seine phantastischen Welten? Woher nimmt er seine Inspirationen? Freut er sich nach einem fertig geschriebenen Buch bereits auf die nächste Welt oder fällt es ihm schwer von seiner Kreation loszulassen? Diese und ähnliche Fragen beantwortete er auf sympathische Weise und gab dem Publikum damit tiefe Einblicke in die schöpferische Arbeit eines Fantasy-Autors.

Anschließend stellte sich Kai Meyer den Fragen des Publikums und gab dabei Ratschläge für Neuautoren, erzählte von seinen Vorbildern und frühen Inspirationen und beschrieb seinen persönlichen Werdegang in seiner frühen Karriere.

Alles in allem war dies ein gelungener Startschuss für die Dragon Days 2016.

  • geschrieben von Dominique (Frauen in Fantasy) und Marsl (Kai Meyer und das Weltenbauen), editiert von Dominique