„Itadakismasu!“ – die Dragon Days im Linden-Museum. Zwischen Sushi, Mangas, und leuchtenden Flügelfedern.

Cosplay, Manga, Anime – eigentlich nicht so mein Milieu. Klar, ich habe schon einige Mangas gelesen und Animes gesehen, ich habe auch das ein oder andere mal den Doctor aus der Serie Doctor Who gecosplayed. Aber so richtig eingestiegen bin ich in die Szene bis heute nicht. Dennoch klang das Programm an diesem zweiten Abend der Dragon Days 2016 im Linden-Museum recht verlockend – nicht nur wegen der Mangas und der Cosplays, sondern auch wegen meiner Vorliebe für japanische Küche. „Itadakimasu!” heißt so viel wie „Guten Appetit” und passend zu der Oishii!-Austellung im Museum selber (durch welches es noch vor der Veranstaltung eine Führung gab) wurde hier neben dem Cosplay-Schwerpunkt noch ein großes Augenmerk auf „Essen in Mangas” gelegt.

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Der Vortragssaal im Lindenmuseum war gefüllt von einer bunten Mischung aus Zuschauern: Neben dem Stammpublikum der Dragon Days, des Linden Museums und neugierigen Besuchern, waren auch einige Gäste bereits selbst im Cosplay-Modus. Da gab es unter anderem einen Jäger aus Attack on Titan und sogar Cosplays aus selbst erdachten Mangawelten, nicht zu vergessen eine Person in einem weißen Wolfskostüm, die ich an dieser Stelle lobend erwähnen möchte. Doch nicht nur Besucher haben sich ins Cosplay gewagt: Eröffnet wurde die Veranstaltung von Museums-Mitarbeiter und Cosplay-Newbie Martin, der als Fushigi Yuugis „Nuriko“ das Publikum begrüßte. Mutig, mutig!
Kulinaristin und Comicwissenschaftlerin Linda-Rabea Heyden stellte das Thema „Essen im Manga” vor und gab einen Überblick über die wichtigen Rollen von Speise und Speisenden in den japanischen Comics. Sie zeigte dabei Seiten von verschiedenen Mangas auf denen das Essen äußerst appetitlich inszeniert wurde, was natürlich bei mir und meinen Sitznachbarn zu knurrenden Mägen führte. So z.B. Oishinibo, dessen Handlung mit der von Kochshows verglichen werden kann. Sie zeigte auch den Muskelprotz Toriko, der für seine exotischen Gerichte phantastische Wesen wie Riesenflusskrebsfische jagen muss (und dessen Anblick beim Publikum für amüsiertes Gelächter sorgte). Weitere Beispiele für die Inszenierung der Nahrungszubereitung in Mangas, wie die niedliche Kitchen Princess und die geballte Action von Food Wars folgten. „So glücklich kann essen machen”, sagte Linda-Rabea Heyden und zeigte ein Bild, bei dem der kulinarische Genuss wie ein Orgasmus dargestellt wird. Das Knurren in meiner Magengegend wurde lauter und der Appetit größer.
Aus populäreren und mir vertrauteren Reihen folgten Beispiele für Mangas, bei denen das Essen zwar nicht die Haupt- aber dennoch eine prominentere Rolle einnimmt: Death Note, Dragon Ball und One Piece. Spannend, wie das Essen immer detailliert und naturgetreu gezeichnet wird, die Mangafiguren aber höchst abstrakt und in eigenem Stil abgebildet werden. Ist die Fresssucht von Charakteren wie Ruffy und Son Goku, aber auch Sailor Moon und Momoko, nun ein niedlicher character flaw der sie sympathischer machen soll, oder zeigt es, dass Stärke und Mut durchaus durch das gute Essen kommen? Sicher ist, dass Essen in Mangas wichtig ist, und damit die Liebe und Leidenschaft der Japaner zur Tischkultur und Nahrungsmitteln wiederspiegelt. Mit den Worten „Ich danke und ich hoffe es hat geschmeckt” verabschiedete sich die Rednerin und beendete damit einen spannenden, lustigen und interessanten Vortrag.

 

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Anschließend stellte sich Tobias Knoll, der Moderator für das folgende Cosplay-Panel vor und zeigte dann Ausschnitte aus der Cosplay-Dokumentation „kosupure – eine Cosplay Dokumentation“ von Thomas Hölzel, alias Verganon Chumpway. Die Ausschnitte gaben eine liebevolle und informative Einführung für all jene im Publikum, die sich vor der Veranstaltung noch nicht eingehend mit Cosplay beschäftigt haben.
Beim anschließenden Panel diskutierten der Filmemacher Thomas Hölzel und die Cosplayer Alisa und Rudolf über das Thema Cosplay und erzählten dabei, wie sie zum Hobby gekommen sind und was sie für Erfahrungen damit gemacht haben. So z.B. Rudolf „Naisho” Arnold, der im eigentlichen Leben ein 62-jähriger Mathelehrer ist und sich selbst als „Deutschlands ältesten Cosplayer” bezeichnete. In seinem Cyber-Miku Kostüm mit bunten, leuchtenden Flügeln stellte er einen wundervollen Kontrast dar zu Alisa, in ihrem zauberhaften, blassrosa Lady Phantomhive Kleid inklusive Rüschchenhut. Alles selbstgemacht, versteht sich. Cosplay, wurde eindrucksvoll demonstriert, vereint Jung und Alt, alle Geschlechter und Körper. „Es ist jeder willkommen. Ob du dick bist, dünn bist, weiss… kurze oder lange Haare, hässlich, hübsch (…), es ist jeder willkommen“, sagte schon ein Cosplayer in „Kosupure“. Während der Podiumsdiskussion zeichnete Tamasaburo live eine Mangafigur, die Edward Elric-like Essen in sich hineinstopfte und ja, natürlich sah das Essen unwiderstehlich aus. Ich war wie hypnotisiert von ihren gekonnten Pinselstrichen. Umso weiter die Zeichnung voranschritt, umso stärker wurde mein Hungergefühl, dass ich während der Cosplay-Dokumentation schon fast vergessen hatte.

 

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Aufgrund dieses Hungers habe ich das Museum auch recht zügig nach der Veranstaltung verlassen – auf der Suche nach einem günstigen, japanischen Restaurant, welches um die Uhrzeit noch offen hatte. Es war gar nicht so leicht, an den ganzen Anime, Manga und Cosplayfans vorbeizukommen, die sich um Alisa, Tamasaburo, Thomas und Naisho drängten um Fotos zu machen, Autogramme zu bekommen, und viele, viele Fragen zu stellen. Gelandet bin ich dann auch leider nur bei Pizza-Hut …

 

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Geschrieben von Marsl, editiert von Dominique

Photos von Ronny Schömbaum