Sprachzauber: Caroline Ronnefeldts “Quendel”-Trilogie

Caroline Ronnefeldt

Fans von Fastfood-Fantasy entlockt die „Quendel“-Trilogie von Caroline Ronnefeldt regelmäßig Frusttiraden und wütende Schmähungen. Alles gehe hier zu langsam voran, wird gemault, es gebe zu viele Naturbeschreibungen, das zentrale Völkchen der Quendel sei viel zu niedlich und nicht ernst zu nehmen, außerdem sei alles bei Tolkien geklaut. Und so weiter und so fort. Irgendwie haben sie mit allem fast recht. Und liegen doch total daneben.

Ja, auch Caroline Ronnefeldt greift Motive des High-Fantasy-Meisters J.R.R. Tolkien auf, in einem Prozess kreativer Ballannahme, wie er alle Literatur durchzieht. Wo andere AutorInnen vor allem auf Tolkines Orks, Zwerge und Elben sowie bei den Hobbits auf deren taffere Seiten abzielen, wendet Ronnefeldt sich der Idee des gemütlichen, friedlichen Völkleins zu, das im vermeintlichen Paradies wohnt.  Dabei erleben wir einen famosen Prozess des World Building. Ronnefeldt beschreibt die fremde Kultur nicht im Überblick über Kultur und Institutionen, Geschichte und Technologien etc. pp. Sie lässt die fremde Welt über Sprachmusik entstehen, über das Tempo der Sätze, den Klang der Namen, die Atmosphäre dieser Prosa. Schon nach kurzer Zeit meint man, ihr Volk der Quendel gut zu kennen, ohne dass man auf faktenpralle Infosätze gestoßen wäre.

Genau so baut sich hier auch Spannung auf, wird die Bedrohtheit der Quendelidylle durch eine anfangs völlig ominöse negative Gewalt deutlich – ohne dass die Autorin den modernen Sprachbaukasten des Nervenkitzels heranziehen muss. Das ist ein im besten Sinne fantastischer Prozess und macht die Quendel-Trilogie zum Musterbeispiel für Fantasy für eine große Zielgruppe: für all jene, die zwar in ihrer Kindheit gerne fantastische Geschichten und Motive mochten (wie etwa Otfried Preußlers „Kleine Hexe“), die aber in aktuelle marktgängige Kategorien wie Romantasy und Grimdark nicht hineinfinden.

Ronnefeldt bewahrt etwas von der Gemütlichkeit, Tröstlichkeit und Verschmitztheit fantastischer Kinderbuchwelten – und erweitert sie zugleich um ein sehr erwachsenes Gefühl für Zerbrechlichkeit und Endlichkeit. All das in einer Sprache, die in ihrem Verweis auf Natur statt auf Technik bezaubernd altmodisch ist, aber frei von jeder Muffigkeit und Steifheit. Der Literaturkritiker Denis Scheck nennt Caroline Ronnefeldt zurecht „eine durch und durch eigenwillige Künstlerin mit einer unglaublichen Sprachgewalt“. Kein Wunder also, dass wir sie gerne eingeladen haben – im Doppelprogramm mit Kathrin Tordasi, die über Otfried Preußler sprechen wird. Wer sich dafür interessiert, wie in Kindern die Lust am Fantastischen erwacht, und dafür, wie Erwachsene sich das kindliche Staunen und Träumen bewahren können, ohne einen Zentimeter ins Infantile zurückzurutschen – für all die wird es ein spannender Abend.

Samstag, 28.10. | 20 Uhr | Landesmuseum Württemberg.
mit Caroline Ronnefeldt und Thomas Klingenmaier
Vortrag und Gespräch

Eintritt: 8 Euro
(Ticket gilt auch für die vorhergehende
Veranstaltung mit Kathrin Tordasi)
Kartenreservierung: karten@dragon-days.de