Britischer Held zum Anbeißen

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort – das müssen Helden sein. Sie haben den Auftrag, die Welt zu retten, heißt es in der Laudatio. Joe Abercrombie war am Donnerstag zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Es war der Abend, an dem er im Stuttgarter Literaturhaus den "Schwäbischen Lindwurm" überreicht bekam. Und an diesem Abend wurde er mindestens für seine Fans ein Held.

Dafür war der britische Autor extra aus Großbritannien angereist und erzählte im Interview mit der Stuttgarter Zeitung von seinen Erwartungen an Deutschland: Bier und Würstchen. Wie stereotyp. Dabei will er doch wenigstens in seinen Büchern Klischees vermeiden. Stattdessen wurde ihm vor der Verleihung eine andere Spezialität und schwäbisches Klischee gezeigt: Die Maultasche – für ihn neu, aber lecker.

Es scheint sich an diesem Abend im Literaturhaus neben Abercrombie sowieso alles um Essen und Trinken zu drehen. Initiator und Jurymitglied Tobias Wengert blickt in seiner Rede zurück auf die erste Verleihung des Lindwurms. 2013 ging die Auszeichnung an Tad Williams. Der damalige Preisträger probierte bei einem Ausflug in die Weinberge Wein von Christoph Ruck, der Abercrombie-Fan ist. Daran erinnerte sich Wengert wieder. Die Weinauswahl für die diesjährige Preisverleihung war also schnell getroffen.

Eine kulinarische Anekdote folgte der nächsten. Erst Wein, dann Whiskey. So gab der Brite zu, das Image des gern trinkenden Autors durchaus zu erfüllen. Auf die Frage, ob er lieber irischen oder schottischen Whiskey bevorzuge, antwortete er scherzhaft: "Ich sage doch, ich mag Whiskey - dementsprechend nur den schottischen." Seinem Mitbringsel, einem bayerischen Whiskey, gibt er trotzdem eine Chance.

Den "Schwäbischen Lindwurm" will Abercrombie vor seinen Kindern in Sicherheit bringen - auf seinem "coffee table", wo ihn trotzdem alle sehen können. Doch vielleicht sollte er lieber seine Kinder vor dem Preis schützen. Denn der ist massiv und wiegt viel. Damit er diesen auch nach Hause tragen kann, brauchte er heldenhafte Stärkung. Deswegen gab es zur Feier des Tages Star Wars Fingerfood – Paprika und Gurken mit Dips neben Schokoladen-Puffreis, oder ins Fantastische übersetzt: "Vader Veggies & Droid Dip" und "Death Star Crispies".

Auch die Fans genossen das galaktische Buffet. Jan, der sich als "bekennender Nerd" bezeichnet, freut sich über den "frischen Wind", den der Brite ins Fantasy-Genre bringt. Abercrombies Rezept beim Schreiben ist simpel. Es lautet: "Always be honest" – ein Rat seiner Mutter und der einzige, an den sich der Autor hält. Wer sich ständig fragt, ob das Geschriebene auch wahr ist, schafft reale Charaktere – Wahrheit in Fantasy. Außergewöhnlich. Seine Fans fasziniert es.

Julia hat schon mehrere Abercrombie-Bücher gelesen. Sie sagt: "Sein Ton ist nicht das typische Fantasy, er schreibt viel interessanter." Christian nickt. Auf dem Weg ins Literaturhaus hat er "Königsschwur" im Auto gehört und meint: "Er schreibt unterhaltsam, formuliert mit einem Augenzwinkern." So zeigt sich der Autor auch am Abend. Er gibt kaum eine Antwort, die er am Ende nicht doch noch ins Ironische dreht. Britischer Humor, wie ihn sich die Fans erhofft haben. Wieder ist ein Klischee erfüllt.

Die Inspiration für seine Werke schöpft Abercrombie übrigens aus TV-Serien und Videogames, weil die visuellen Formate oft eleganter und kürzer erzählen als Bücher. Eine Idee ist für ihn aber erst wertvoll, wenn sie auch realisiert wird. Was zähle, sei allein die Art ihrer Umsetzung. In den Augen seiner Fans macht ihn diese Arbeitseinstellung authentisch. Joe Abercrombie. Ein Held, der am Ende des Abends doch noch Bier trinkt und Würstchen isst. Klischees kann man eben nicht so einfach entkommen.

 

Wenn sich schon alles ums Essen drehte, hier auch die komplette Speisekarte:

"Lightsabers" Spieße mit roten & weissen Trauben
"Vader Veggies & Droid Dip" versch. Gemüsestreifen mit Frischkäse Dip
"May The Sand (be) Wich you" versch. Mini-Sandwiches in Star Wars Formen
"Leia Buns" Blätterteigrollen mit Hackfleisch
"Jar Jar Links In A Blanket" Mini-Würstchen im Teigmantel
"Death Star Crispies" Crisp Rice mit Marshmallows Kugeln

Hier geht es zur Facebook-Bildergalerie der Verleihung.

Lisa Reiff & Julian Wenzel