Zwischen Realität und Fantastik: Visual Effects

Prof. Dr. Bernd Eberhardt arbeitet als Dozent für Bildverarbeitung und Computeranimation an der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM). Er betreut hauptsächlich den Studiengang "Audiovisuelle Medien" der Fakultät Electronic Media. https://www.hdm-stuttgart.de/kontakt/suche_ergebnis_liste?Id=36

Stefan Reinhardt ist Masterstudent des Studiengangs "Audiovisuelle Medien" an der Hochschule der Medien.  

Was bedeutet es für Sie, wenn etwas fantastisch ist?

Eberhardt: Fantastisch ist, dass ich in eine andere, neue, mir fremde Welt eintauche und mir dort neue Ideen hole.
Reinhardt: Fantastisch sind für mich surreale Welten, die nicht physikalisch erklärbar sind, sondern die Fantasie beflügeln.

 

Was sind denn genau diese „Visual Effects“, die in der Fantasy-Szene so häufig eingesetzt werden?

Eberhardt: Visual Effects sind dafür da, Dinge zu zeigen, die real nicht existieren oder überhaupt nicht existieren können. Sprich: Alles, was mit Computern und speziellen technischen Möglichkeiten verändert wird. Das sind Dinge, die man in der Realität so nicht findet aber auch alles, was in echt zu gefährlich oder zu teuer wäre.

 

Wie ist denn die Fantasy-Welt zu Ihnen gekommen?

Eberhardt: Als kleines Kind schon durch Comics und Trickfilme. Damals war noch gar nicht absehbar, dass man so etwas wie visuelle Effekte später mal machen kann, da hat es noch nicht mal Computer gegeben. Ich persönlich bin dann mit der ganzen Entwicklung aufgewachsen. Schon damals habe ich mich für PCs interessiert und wollte etwas in dem Bereich machen. Früher gab es noch teure Maschinen – heute kann es jeder machen. Das ist das Schöne aber natürlich auch Gefährliche an der Entwicklung. Sind die Bilder echt, die ich in der Zeitung sehe? Was ist noch real, was nicht?


Wie vermitteln Sie als Dozent Ihren Studenten die Begeisterung für Fantasy?

Eberhardt: Die Studenten kommen eigentlich schon hochmotiviert zu uns und wissen schon sehr genau, was sie später einmal machen wollen. Sie haben ihre eigenen Ideen und Pläne im Kopf, da brauche ich eigentlich nicht mehr viel tun. Im Gegenteil: Sie investieren von sich aus schon so viel Zeit da rein - aus Liebe zu den Bildern, zu den Ideen, vielleicht auch getrieben von der Idee, später einen interessanten Job zu bekommen.

Reinhardt: Man muss die Studenten eher bremsen. Die kommen mit einer Unmenge an Ideen und wir müssen dann sagen, dass man klein anfängt.

 

Die Zeiten von Star Wars und Star Trek sind ja eigentlich schon vorbei oder ist die Fantastik auch heute noch ein sehr präsentes Thema?

Eberhardt: Die Anfangszeiten sind vorbei, aber das Ganze entwickelt sich zu einem dynamischen, eigenständigen Genre mit neuen Techniken – und an denen arbeiten wir hier. Wir arbeiten an Sachen, die vor fünf oder auch drei Jahren noch nicht denkbar waren. Das Abbilden der Natur beispielsweise ist immer noch nicht zu hundert Prozent gelungen. Wenn ich Zuhause eine Orchidee im Sonnenlicht anschaue und die Blätter ihre Schatten werfen – das ist auch heute noch nicht mit Technik machbar. Ob man das braucht, um etwas filmisch zu erzählen ist eine andere Frage.

 

Gibt es Trends, die in der Fantasy-Szene gerade besonders erfolgreich sind?

Eberhardt: Sicherlich das, was ich gerade mit der Orchidee versucht habe zu erklären: Ein realistisches Bild generieren. Das Abbilden von physikalischen Prozessen ist noch ein ganz spannendes Thema, das uns in der nächsten Zeit noch viele neue Effekte bringen wird. Vom Rendering bis hin zu Bewegung und Animation. Wir haben auch immer noch nicht genau verstanden, wie sich ein Mensch, ein Vier- oder ein Achtbeiner bewegt.

Reinhardt: Ich würde sagen, dass man immer mehr versucht, die fantastische Welt realitätsnah wirken zu lassen. Sodass man einfacher eintauchen kann und denkt, dass könnte jetzt die Realität sein. Das ist ja das Schöne an dem Fantastischen: Dass man in eine andere Welt flüchten kann und denkt, man ist in dem Moment dort. Und je realer etwas wirkt, desto besser kann ich darin eintauchen.

Eberhardt: Die Bilder, die ich in Filmen sehe, müssen schon etwas mit der Wirklichkeit zu tun haben, um überzeugend zu wirken. Wenn in einem Film eine Wolke nicht aussieht wie eine Wolke, dann tauche ich nicht in diese Welt ein, weil ich mich nicht mit ihr identifizieren kann.

 


Gibt es Dauerbrenner-Effekte, die immer erfolgreich sind?

Eberhardt: Dauerbrenner sind schon physikalische Effekte: Wasserrauch, Explosionen, Bewegungen von Menschen.  Aber das Wichtigste ist immer: Welche Geschichte erzähle ich und wie erzähle ich sie.

Reinhardt: Komik funktioniert eigentlich immer. Aber die verändert sich natürlich auch ständig und hat viel mit Kultur zu tun.

 

Angenommen man hasst Fantasy und guckt lieber Filme, die der Realität entsprechen, warum sollte man sich Ihrer Meinung dennoch mit Fantasy beschäftigen?

Eberhardt: Wenn man nicht immer in der eigenen Suppe kochen will, sollte man über den eigenen Tellerrand hinausschauen. Film und Kino können eine Message vermitteln und sind kulturell wichtige Ereignisse. Fantasy ist ein eigenständiges, wichtiges Genre und wenn man das nicht hätte, wäre unsere Kultur ärmer.

Reinhardt: Man kann viel dabei lernen. Auch eine Fantasy-Welt ist durch reale Menschen und viel Fantasie entstanden und das kann sehr wertvoll sein für die reale Gesellschaft. Es kann teilweise auch ein Spiegel beziehungsweise ein Reflektor sein, für das, was gerade in der realen Welt schiefläuft.

 

Die Filmtipps der Profis:

Der Hobbit ist eine dreiteilige High-Fantasy-Filmadaption des gleichnamigen Romans von J.R.R.Tolkien. Die Filmtrilogie (Eine unerwartete Reise, Smaugs Einöde, Die Schlacht der Fünf Heere) erzählt von Bilbo Beutlins Reise – gespielt von Martin Freeman – und seiner Aufgabe, das verlorene Zwergenkönigreich vom Einsamen Berg zurückzugewinnen, welches vom Drachen Smaug erobert wurde.

Interstellar: Der US-amerikanisch-britische Science-Fiction-Film spielt in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhundert und handelt von dem Überlebenskampf der Menschheit. Als die letzten Nahrungsquellen versiegen, macht sich eine Gruppe von Wissenschaftlern (u.a. Matthew McConaughey und Anne Hathaway) auf eine fantastische Reise durch Raum und Zeit.

Gravity: Im Weltall hört dich niemand schreien! Sieben Oscars hat der Film, in dem Sandra Bullock und George Clooney nach einem fatalen Unfall im Weltraum auf sich allein gestellt sind, gewonnen. Bei dem Unfall werden Bullock und Clooney aus dem Shuttle in die Weiten des Alls geschleudert, der Kontakt zur Erde ist abgebrochen und die letzte Chance auf Rettung besteht darin, die ISS-Rettungskapseln zu erreichen… Eine nahezu unmögliche Aufgabe in der Schwerelosigkeit.

Thomas Klingenmaier @ Dragon Days 2015
19. Juni | 19.30 Uhr | Osiander Nadlerstraße

Desirée Fehringer & Wiebke Wetschera