Victoria Francés im Interview

Für Deine Bilder stehst Du meist selbst Modell. Verwendest Du auch Models, Gebäude oder Fotos für Deine Hintergründe?

Besonders während meiner Anfangszeit habe ich mir selbst Modell gestanden. Das war für mich einfacher und so konnte ich mich mit den persönlichen Welten, die ich schuf, besser identifizieren.

Die meisten meiner Modelle sind Personen, deren Äußeres mich für irgendeinen Teil meiner Figuren inspiriert. Wenn ich aber ein ganz bestimmtes Gebäude oder Hintergrund benötige, greife ich auf Bildmaterial zurück.


Wovon lässt Du Dich für Deine Bilder inspirieren?

Ich glaube, dass wir von äußeren Reizen umgeben sind, die uns unaufhaltsam inspirieren. Als ich ein Kind war, haben mich die Märchen der Brüder Grimm, von Hans Christian Andersen und von Charles Perrault stark inspiriert. Die klassischen Schauerromane, die Chronik der Vampire von Anne Rice… Die präraffaelitische Malerei hatte großen Einfluss auf mein Kunstverständnis, ebenso wie die Werke von Brian Froud, Alan Lee, Arthur Rackham und Edmund Dulac. Während ich arbeite, höre ich meistens Ambient-Musik, Neoklassik oder Pagan-Folk.


In verschiedenen Interviews hast Du gesagt, dass Dracula, aber auch Goethe oder Edgar Allen Poe Dir als Inspirationsquelle dienen. Welche Künstler gefallen Dir noch? Hast Du auch deutsche Lieblingskünstler wie z. B. Kaspar David Friedrich?


Die Romantik ist eine wichtige Inspirationsquelle für mich, sowohl die Literatur als auch die Malerei dieser Epoche. Was die romantische Malerei angeht, so sind Künstler wie Friedrich, Turner oder Géricault zu erwähnen. Mein Werk schöpft aus der Sensibilität von Autoren wie Oscar Wilde, Edgar Allan Poe, Sheridan Le Fanu, Bécquer und anderen.

Unter den deutschen Schriftsteller haben mich Goethe mit seinem beunruhigenden Faust und, wie bereits erwähnt, die Brüder Grimm inspiriert.

Neben Friedrich verehre ich den deutschen Maler Ferdinand Keller. In den Werken dieser beiden Künstler kommt eine unglaubliche Mystik und melancholische Atmosphäre zum Ausdruck.

 

Die Protagonisten Deiner Bücher sind meist Menschen am Rande der Gesellschaft, wie Favole, die arme Puppenspielerin, oder Ebony, die missgebildete Magierin. Was interessiert Dich an diesen Figuren? Was macht sie für Dich interessant?


Wir sind Teil einer Gesellschaft, die den Erfolg belohnt. Von klein auf werden wir daran gewöhnt, vorgegebenen Wegen zu folgen. Ständig werden wir dazu angehalten und ermahnt, gewisse Vorgaben zu erfüllen und Ziele zu erreichen. Aber wir beginnen dieses Leben nicht alle mit den gleichen Voraussetzungen, und das vorgegebene Tempo nimmt keine Rücksicht auf diejenigen, die zurückbleiben. Dies sind die Figuren, die menschliche Geschichten inspirieren. In gewisser Weise verdienen sie es, die „Protagonisten“ der Parallelwelten, in denen sie leben, zu sein.


Glaubst Du an Vampire oder ein Leben nach dem Tod?

Meiner Meinung nach ist es eine sehr traurige Vorstellung zu glauben, dass nach dem Tod alles aufhört und wir einfach verschwinden, dass wir alle geliebten Menschen, alle Erfahrungen, die wir in unserem Leben gemacht haben, zurücklassen.

Was Vampire angeht, so glaube ich, dass es Energievampire gibt: toxische Menschen, die anderen die Energie rauben und ihre Mitmenschen dadurch schwächen, sei es unbewusst oder vorsätzlich.



Favole wurde durch ihre qualvolle Liebe zum Vampir, auf der Suche nach Erlösung. Was bedeutet für Dich Liebe? Ist sie ein Segen oder ein Fluch?

Meiner Meinung nach ist die Liebe teils Segen und teils Fluch. Liebe erfahren zu können ist ein unbeschreibliches Glück, aber sie zu verlieren bedeutet großen Schmerz.

Victoria Francés
Freitag, 12. Juli 2013, 18.00 Uhr
Ort: Großer Saal